Ein Hauch von Fantasie und Abenteuer mischt sich in die leichte, frische Brise, die den Reisenden bei dieser kurzen Bootsfahrt um die Nasen weht. Nach recht entspannten Tagen an den traumhaft schönen Palmenstränden von Maracas und Las Cuevas sind sie in Port of Spain an Bord gegangen, um etwas von den „wilden Seiten“ Trinidads zu sehen. Ihr Ziel: die Inseln der Bocas del Dragón – „Mäuler des Drachen“.
Nur wenige Seemeilen von der Inselhauptstadt entfernt, verbindet die Meerenge mit dem furchteinflößenden Namen den Golf von Paria mit der Karibik. Zu beiden Seiten des kleinen Schiffes ragen regenwaldbedeckte Berge in den wolkenlosen, strahlend blauen Himmel. Die östlichen gehören zum Zweiinselstaat Trinidad und Tobago, die westlichen zu Venezuela.
Cheri-ann ist waschechte Karibin. Ihr langes, kohlrabenschwarzes Haar trägt sie in superdünn geflochtenen Zöpfen. Ihre braune Haut lässt die blendend weißen Zähne noch mehr strahlen, wenn sie lächelt. Und das tut Cheri-ann fast immerzu.
Dass ihre schöne Heimatinsel auch die Gäste aus Europa fasziniert, freut die Fremdenführerin. „Die meisten Reisenden von Übersee lernen die zauberhaften stillen Strände von Tobago kennen, von Trinidad meist nur den Karneval. Doch auch hier gibt es jede Menge Natur und wunderbare Landschaften. Das wissen offenbar nur wenige“, sagt Cheri-ann.
Ankunft auf der größten Drachenmaulinsel
Das Boot legt an. Die Ausflügler sind auf Gaspar Grande oder Gasparee, wie die größte der Drachenmaulinseln in der Landessprache Patois heißt. Auf steinigen Wegen geht es nach oben. Von den nicht allzu hohen Hügeln hat man ringsum freie Sicht aufs Meer. „Früher konntest du von hier aus die Boote der Baumwollplantagen und Walfänger sehen“, sagt Cheri-ann. Heute mischt sich hier und da ein Bohrschiff oder Tanker ins Karibikblau. Denn zu mehr als zwei Dritteln lebt das Tropenland von Öl und Gas.
Von Drachen allerdings ist keine Spur. Nicht einmal Grüne Leguane (für die größten von ihnen wäre diese Bezeichnung durchaus angemessen) lassen sich blicken. Doch gleich wissen alle, woher das Eiland seinen Namen hat. Denn wie ein dunkler Schlund, der fähig wäre, alle zu verschlucken, klafft – geschützt von einem Gitter – ein respektables Loch. Vor den Füßen der Besucher öffnet sich das Tor in eine rätselhafte Fabelwelt: die Höhlen von Gasparee.
Vorbei an schroffem Kalksteinfels – durch Flussspat, Eisen und Kalzit in vielen Farben schimmernd – führt der Weg auf Treppen mit Geländer 35 Meter abwärts. „Lange nutzten Piraten die Boca Islands als Versteck – sicher auch für ihre Beute“, vermutet Cheri-ann. Statt Drachenmärchen geistern den Höhlenwanderern nun Seeräubergeschichten durch den Kopf.
Korpulente Fledermäuse huschen stumm durch Lampenschein, der die facettenreiche Unterwelt in Szene setzen soll. Am wirkungsvollsten ist jedoch das Sonnenlicht, das durch die kleine Deckenöffnung flutet. Der helle Strahlenkegel fällt genau auf einen fast unwirklich blauen See am Grunde einer Grotte und funkelt wie verrückt. Gedanklich immer noch bei den Piraten, denkt nun wohl jeder: „Das sieht wie ein Schatz aus!“ In Anbetracht der Hitze ist es tatsächlich einer. „Grotto Blue“ ist zwar ziemlich kalt, jedoch glasklar und ideal zum Schwimmen. Wer es probiert, will gar nicht wieder raus. Dieser Badespaß ist wirklich unterirdisch.
Vor lauter Feuervögeln sieht man rot
Total auf Wasser stehen auch die Tiere von Caroni Swamp, der am nächsten Tag erkundet wird. Besonders vielen Spezies hat das nasse Element im Mündungstrichter des Caroni-Flusses einen ganz speziellen Lebensraum geschaffen. Mit seinen ausgedehnten feuchten Biotopen von Mangroven, Mooren und Lagunen bis hin zu einem tropischen Wattenmeer bietet Trinidads bekanntestes Naturschutzgebiet allein 20 gefährdeten Vogelarten Schutz und Nahrung.
Star aller Sumpfbewohner ist der Rote Ibis – wegen seiner intensiven Färbung und des krummen Schnabels auch Scharlachsichler genannt. „Die beste Zeit, die scheuen Schönheiten zu bewundern, ist der späte Nachmittag, wenn sie über die Sümpfe zu ihren Schlafbäumen fliegen“, erklärt Ravi Kalpoo, der seit vielen Jahren Touristenboote durch die Wetlands steuert.
Kurz vor Sonnenuntergang beginnt das tägliche Schauspiel. Als hätten sie auf das vorteilhafte Abendlicht gewartet, steigen die Ibisse aus dem Dickicht der 30 Meter hohen Mangroven empor, um dann langsam und in aller Ruhe ihre Bahn zu ziehen. Mal ein paar von hier, mal eine ganze Schar von da, entfachen die flammend rot gefiederten Vögel ein stilles Feuerwerk in alle Himmelsrichtungen. Was für eine Show!
Stelldichein der Superschwirrer
Neben dem Roten Ibis für Trinidad und dem hühnerartigen Rotschwanzguan für Tobago flattern auch zwei Kolibris im Landeswappen. 18 Arten davon leben auf den beiden grünen Inseln, die allermeisten davon offenbar im privaten Garten von Doktor Theodore Ferguson. Nahe der alten Hauptstadt Saint Joseph, in den verträumten Berg-und-Tal-Kulissen von Maracas, hat der ehemalige Uniprofessor und Kolibri-Fan seinen faszinierenden, in vielen Farben schillernden Lieblingen ein Schlaraffenland geschaffen.
Ob Stauden, Sträucher oder Bäume: Hier blüht irgendwie alles. Sogar die kitschigen Zuckerwassertränken aus rotem Plastik sind mit kleinen Pril-Blumen bestückt. Genau in deren Mitte sind die Trinklöcher. „Damit sie sie besser finden“, erklärt der Hobbyornithologe Ferguson.
Täglich über tausend Kolibris lockt der verführerische, süße Duft des Blütenmeers in Theos Vogelparadies. Selbst als Mensch kann einem man davon schwindlig werden. Aus allernächster Nähe lassen sich die verblüffend schnellen, oft nur wenige Zentimeter großen Schwirrer bestaunen. Mit bis zu 50 Flügelschlägen pro Sekunde brummen sie wie Hummeln und können sogar seit- und rückwärts fliegen.
Dass nicht nur hübsche kleine Vögel in Trinidad verwöhnt werden, will Cheri-ann ihren Gästen bei einer Food-Tour zeigen. Stationen sind sowohl hervorragende, oft ganz simple Restaurants als auch die allseits beliebte Markt- und Straßenküchen.
Der Green Market von Santa Cruz zum Beispiel bietet neben originellen Handarbeiten und Naturprodukten unglaublich leckere karibische Hausmannskost – von gegrilltem Cascadou, einem Süßwasserfisch, bis zum Nationalgericht Calaloo, einem typisch kreolischen Eintopf aus Wasserbrotwurzel.
Ihr kulinarisches Highlight erwartet Cheri-Anns Reisegruppe am Abend in Port of Spain. Im Queen’s Park Savannah, der von den sieben prächtigen Kolonialpalästen „Magnificent Seven“ begrenzt wird, stellt die lebensfrohe Trinidaderin ihre Lieblingssuppenküche vor – und landet mit „Michelles Maissuppe“ einen absoluten Volltreffer.
(Die Recherchereise wurde unterstützt vom Fremdenverkehrsamt Trinidad&Tobago.)
Tipps & Infos
Einreise: Für EU-Bürger ist kein Visum erforderlich. Der Reisepass genügt.
Hotels und Gästehäuser: Mit modernem City-Luxus glänzt in Port of Spain das 5-Sterne-Hotel Hyatt Regeny Trinidad mit 422 Zimmern und Suiten. Westlichen Komfort bieten auch das Hilton (4 Sterne) mit drei Zimmerkategorien, darunter 27 Suiten sowie das Radisson (3 Sterne) mit 243 Zimmern und Suiten.
Für längere Aufenthalte: Elegant eingerichtete Luxus-Appartements in Port of Spain vermietet The Renaissance at Shorelands.
Touren: Individuell geführte Inseltouren, u. a. in die Höhlen von Gasparee, nach Caroni Swamp, in den Kolibri-Garten „Yerette“ oder zum Green Market von Santa Cruz bucht man direkt bei Cherri-ann Pascall oder ihren Kollegen von der Trinidad & Tobago Tour Guides Association (TTTGA).
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