Für Mount Oberon hat der Tag noch nicht begonnen. Der Berg, der wie der sagenhafte Elfenkönig heißt, döst unter einer grauen Morgenwolkendecke. Mit 516 Metern ist sein Gipfel nicht der höchste auf „The Prom“, der Halbinsel Wilsons Promontory im Bundesstaat Victoria. Doch die Aussicht, die man von hier oben auf den südlichsten Zipfel des fünften Kontinents genießt, ist in der Tat majestätisch.
Über bunte, von blühenden Sträuchern und Kräutern überwucherte Felsen, Hügel und Küsten schweift der Blick ins endlose Blau des Ozeans. Bis die Sonne über der Tasmansee aufgeht und dieses wunderbare Stückchen Land erwärmt, darf es seinen Sommernachtstraum zu Ende träumen.
Doch außer uns menschlichen Wanderern sind auch schon andere auf den Beinen. Nahe Tidal River, weit und breit dem einzigen Ort am gleichnamigen Fluss, nutzt ein Kurzschnabeligel die frühe Stunde zur Jagd auf Regenwürmer und Termiten. Als wir ihm zu nahe kommen, legt er seine Bleistiftnase auf den Bauch und igelt sich ein.
„Ein laufender Kaktus, der Ameisen frisst und Eier legt“, scherzt Grant Banks, unser Guide, über die atmende Stachelkugel. „Schnabel- oder Ameisenigel und die im Wasser lebenden Schnabeltiere sind die einzigen Säugetiere, die keine lebenden Nachkommen gebären“, erklärt der junge Australier.
Der nächste Sonderling lässt nicht lange auf sich warten. Es ist ein Nacktnasenwombat – halb Minibär, halb Riesenhamster, bräunlich grau, knapp einen Meter lang. Grant stellt ihn uns vor: „Ein friedlicher Pflanzenfresser, der Höhlen gräbt und seinen Nachwuchs wie die Kängurus im Beutel trägt.“
Heilige Muscheln und klingender Sand
Dem Flusslauf bis zur Mündung folgend, erreichen wir die Norman Bay mit ihrem malerischen, von Wald und Felsen eingerahmten Strand. Ein großer Haufen Muschelschalen fällt uns auf. Von Grant Banks erfahren wir, dass es um einen spirituellen Platz der australischen Ureinwohner handelt.
„Den Aborigines gilt Wilsons Prom als heiliger Ort. Über eine Landbrücke besiedelten sie von hier vor mehr als 35.000 Jahren Tasmanien. Erst als der steigende Meeresspiegel es vor etwa 12.000 Jahren vom Festland abschnitt, wurde es zur Insel“, so der Guide.
Auf dem Tidal Overlook Circuit, einem bequemen Wanderweg mit großartiger Aussicht über das sandige Tal des Tidal River, überqueren wir den Pillar Point, eine bergige Landzunge, die die beiden Buchten Norman Bay und Leonard Bay voneinander trennt. Der Squeaky-Beach-Track, der vom Kamm des windumwehten Berges auf die Seite gegenüber führt, weckt Fantasie und Vorfreude aufs nächste Ziel: „Quietsch-Beach“ – ein Strand, der tatsächlich quietscht, wenn man darüber läuft.
Warum, weiß Grant: „Verantwortlich für das Phänomen ist sowohl die Art des Bodens als auch die Größe und Beschaffenheit des Sandes.“ Um die seltsamen Reibegeräusche der superwinzigen Körner noch deutlicher zu hören, treten alle extra stark auf und haben Heidenspaß dabei. Am deutlichsten zeigt sich das Fänomen bei Schuhen mit Gummisohlen.
Ausgelassen geht es später auch beim Picknick zu. Dafür sorgen vor allem eine lauthals schreiende Kakadufamilie sowie neugierige und verfressene Pennantsittiche – leuchtend rot und blau gefärbte Papageien, die ganz scharf auf Kuchenkrümel sind.
Aber wo, bitteschön, haben sich die Kängurus versteckt? Ausgerechnet am Highway sehen wir die ersten. Auf dem Weg zum Nachtquartier, den Bear Gully Coastal Cottages an der Waratah Bay, stehen sie direkt am Straßenrand, als wollten sie den Verkehr stoppen, um per Anhalter zu fahren.
Abschlag zwischen tierischen Beobachtern
Und wie bei Trampern, die in Gruppen reisen, sind zunächst nur zwei der Grauen Riesenkängurus zu sehen. Erst als unser Fahrzeug hält, kommen die anderen aus den Büschen. Natürlich nicht, um einzusteigen und mitzufahren. In aller Seelenruhe hüpfen schließlich alle fünf Beuteltiere zusammen auf die andere Seite der Walkerville Road, um dort ihr Abendessen fortzusetzen. Heute gibt es Gras bei ihnen – und zwar jede Menge.
Mit vielen unterschiedlichen Mitbewohnern müssen die Kängurus von Wilsons Prom ihr Futter nicht teilen. Denn im Vergleich zu anderen Regionen in Downunder hält sich die tierische Artenvielfalt auf der Halbinsel ebenso in Grenzen wie in den meisten anderen 13 Nationalparks von Victoria. Doch Kängurus gibt es fast überall genug – selbst auf den Golfplätzen.
In der Yarra Valley Lodge unweit von Melbourne, die wir am nächsten Tag erreichen, sehen wir einen ganzen „Mob“ (so nennen die Aussies Känguru-Herden) direkt von unseren Zimmerfenstern aus. Das Hotel grenzt unmittelbar an den wunderschönen Court des exklusiven Heritage Golfclubs. Und auf dem scheinen sich die geselligen Springer sehr wohl zu fühlen.
Das Green jedenfalls betrachten sie als ihre Weidefläche. Darum lassen sie sich weder von den spielenden Golfern noch von deren Carts stören – zumal sie offenbar genau wissen, wo sie bei einem Abschlag stehen müssen, wenn sie den Golfball nicht abbekommen wollen. Nähert man sich ihnen jedoch mit der Kamera, suchen sie das Weite.
Was den Besuch des kleinsten Bundesstaates auf Australiens Festland jedoch vor allem lohnt, ist sein landschaftlicher Reichtum – angefangen von der berühmten Panoramaküstenstraße Great Ocean Road mit der Felsengruppe Zwölf Apostel, über das fast mediterran anmutende Weinbaugebiet Yarra Valley, die Sandsteinberge und „Felsenbalkone“ des voralpinen Baw-Baw-Nationalparks (wo der Schnee-Eukalyptus wächst) und die Australischen Alpen – bis zu den rosarot und lila schimmernden Pink Lakes in Victorias Outback.
Walhalla – die kleinste Stadt Australiens
Nicht weniger spannend sind auch die Städte dieses Bundesstaates. Außer der trendigen Viermillionen-Metropole Melbourne sind die allermeisten eher von bescheidener Größe. Die allerkleinste ist zugleich eine der interessantesten: Walhalla. Und das nicht nur, weil uns dort unmittelbar nach der Ankunft einer der sonst meist dauermüden Koalas über den Weg rennt.
Wer hätte das gedacht, dass sich diese vom ständigen Eukalyptusblätterkauen dauerberauschten Träumer so schnell auf allen Vieren bewegen können wie dieser? Mindestens genauso ausgeschlafen wie er sind jedenfalls die 20 Einwohner des verträumten Nestes im steilen Felsental des Stringer’s Creek am Baw-Baw-Nationalpark. Denn sie zauberten aus dem einstigen Schauplatz des Goldrauschs und später langjährigem Geisterort ein touristisches Schmuckstück.
Neben seinen märchenhaften Naturkulissen, die einer Wagner-Oper zu entstammen scheinen, glänzt Walhalla dank Engagements seiner Bevölkerung auch mit originalgetreu restaurierten Häusern, historischer Bergbautechnik und einer alten Eisenbahn – voll von Geschichte, Charme und liebenswerter Schrulligkeit.
(Die Recherche zu diesem Beitrag wurde unterstützt von Tourism Victoria, Thai Airways und noble kommunikation.)
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Tipps & Infos
Hotels: Für legeren Luxus inmitten von Victorias Hauptstadt Melbourne sorgt das Grand Hyatt Melbourne (5 Sterne). Das große Haus mit 550 geräumigen Gästezimmern und Suiten, hervorragenden Restaurants und einer Veranstaltungsetage mit 15 innovativen Räumen liegt in der prestigeträchtigen Collins Street, umgeben von zahlreichen erstklassigen Adressen für den gehobenen Lifestyle. Viele der wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Musentempel, Lokale, Läden und Café sind von hier aus zu Fuß erreichbar
Modernen Wohnkomfort mit viel Privatsphäre und direkten Strandzugang an der Waratah Bay gegenüber der Halbinsel Wilsons Prom bieten die vier Bear Gully Coastal Cottages (zwei für Paare, zwei für kleine Familien). Alle sind eigenständig und verfügen über eine voll ausgestattete Küche, geschmackvoll und gemütlich eingerichtete Wohnzimmer sowie große überdachte Terrassen mit herrlichem Blick aufs Meer und den Nationalpark.
Bescheidenen Luxus, der – handgemacht und familiär – vom Herzen kommt, bietet das sympathische, mehrfach preisgekrönte Starhotel (4 Sterne) in Australiens kleinster Stadt Walhalla. Jeder der zwölf großen, stilvollen Suiten führt direkt auf die Veranda oder in den Garten. Das i-Tüpfelchen ist die liebevolle Betreuung durch das Gastgeberpaar.
Nur 90 Minuten von Melbourne entfernt befindet sich das Lake House (4 Sterne). Es verfügt über 33 geräumige, kunstvoll eingerichtete Zimmer und Suiten mit Blick auf den idyllischen Daylesford-See im Herzen des Spa Country von Victoria. Zur Lodge gehört ein großartiges Restaurant mit tollen Weinen sowie ein Baumhaus-Spa.
Weniger als eine Autostunde von Melbourne entfernt, am Tor zum Yarra Valley und unmittelbar am wunderschönen, von Jack Nicklaus entworfenen Golf Court des exklusiven Heritage Golf Clubs liegt die elegante Yarra Valley Lodge (4 Sterne). Alle 102 Zimmer öffnen sich direkt auf eine Gartenterrasse oder einen privaten Balkon und bieten spektakuläre Aussichten. Das 120 Hektar große Anwesen ist von Natur umgeben, die man auf unzähligen Wanderwegen rund um das Hotel genießen kann – wie auch beim Golfen oft in Begleitung von Kängurus.
Mehr Golf: Zu den landesweit besten Plätzen gehört The Dunes mit 27 Löchern. Er befindet sich inmitten der sanften Hügel der „Cups“ im Herzen der Halbinsel Mornington. In unmittelbarer Nähe gibt es eine Reihe weiterer ausgezeichneter Golfplätze wie St. Andrews Beach, Moonah Links, National Golf Club, Sorrento Golf Club und Flinders Golf Club.
Einen der schönsten Courts in South Gippsland nahe Wilsons Prom hat Leongatha Golf (ca. 2 h von Melbourne) – eine landschaftlich reizvolle Anlage auf hügeligem bis sanft rollendem Gelände mit breiten Santa-Ana-Couch-Fairways, die von natürlichem Buschland flankiert werden. Die wunderschön gepflegten Greens zeichnen sich durch subtile Konturen aus.
Auskünfte bei www.visitmelbourne.com/de