Alles begann mit der Verpackung von Gebrauchsgegenständen; Christo wickelte Stühle ein, Zeitschriften, ein Auto oder Ölfässer. Der Verpackungskünstler wollte damit zeigen, dass wirklich jedes Objekt seinen Platz in der Kunst haben kann. 1968 bewies der gebürtige Bulgare auf der Documenta in Kassel, dass man auch nichts verpacken kann. Oder besser gesagt: Luft. Sein 5600-Kubikmeter-Luft-Paket brachte ihm weltweite Anerkennung für seine Kunst.
Gemeinsam mit seiner Frau Jeanne-Claude organisierte Christo schnell immer aufregendere und aufwändigere Kunstwerke. 1972 spannten die beiden einen 400 Meter langen orangefarbenen Vorhang über das Rifle Valley in Kalifornien. Mit den immer größeren Ideen wuchs auch das Team der beiden – professionelle Kletterer und Installateure halfen bei der Realisierung der Werke.
Die Freude am Alltäglichen
Zwar bestand die Kunst des Ehepaars oftmals darin, Dinge zu verhüllen und komplett unter den langen Stoffbahnen zu verstecken. Trotzdem machten sie die Gegenstände nie ganz unkenntlich. Die Wiedererkennbarkeit war ihnen wichtig, etwa 1985 bei der Verhüllung der Brücke Pont Neuf in Paris oder vor genau 25 Jahren bei der Verhüllung des Reichstags in Berlin – ein Kunstwerk, das in Deutschland unvergessen bleiben werde, wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Christos Tod sagte. Es habe sich als Symbol für ein weltoffenes Deutschland in die Herzen eingebrannt. Um das Kunstwerk zu realisieren, musste Christo damals allerdings lange kämpfen. 23 Jahre dauerte es, bis der Bundestag der Verhüllung des Gebäudes im Jahr 1995 zustimmte – in der Zwischenzeit geschah sogar bis dahin Unvorstellbares: die deutsche Wiedervereinigung. Lange stieß das Projekt auf skeptische und kritische Stimmen. Unter anderem Wolfgang Schäuble und Bundeskanzler Helmut Kohl waren strikt gegen die Verhüllung des Reichstags. Schäuble etwa fürchtete um die Würde des Gebäudes, das ein Ausdruck der demokratischen Tradition Deutschlands sei. Als das Kunstwerk schließlich realisiert wurde, erreichte es sogar Weltrekordstatus: Fünf Millionen Besucher kamen innerhalb der 16 Tage, in denen der Reichstag verhüllt war, nach Berlin.
Christos Kunst war stets vergänglich. Mehr als Skizzen, Fotos, manchmal ein Stück Stoff und immer die Erinnerung blieben von seinen monumentalen Werken nie übrig. Mit seinen Stoffkonstruktionen verdeckten seine Frau und er das Alltägliche für eine Weile – um später das Staunen über das Gewohnte wieder anzuregen. Nur manchmal stecke eine politische Absicht hinter den Werken. Etwa 1962, als Jeanne-Claude und Christo mit ihrer Kunst gegen den Bau der Berliner Mauer protestierten. Sie stapelten 240 Ölfässer aufeinander und sperrten so eine Straße in Paris. Der Name des Kunstwerks: „The Iron Curtain“ – der eiserne Vorhang.
Christos letzte Werke
Ölfässer spielten auch später immer wieder eine Rolle in Christos Kunst: Zuletzt im Hyde Park in London, wo Christo mit seinem Team das letzte Werk vor seinem Tod realisierte. Im Sommer 2018 wurde dort die pyramidenförmige Skulptur „London Mastaba“ aus 7506 bemalten Ölfässern präsentiert, die von Juni bis September auf einer Plattform im Wasser schwamm. Zur Interpretation des Kunstwerks sagte der damals 83-Jährige: „Alle Interpretationen sind erlaubt, denn alle regen zum Nachdenken an – und das Denken macht uns zu Menschen.“
Wie all seine Kunstwerke waren auch die „Floating Piers“ auf dem Iseosee in Italien im Jahr 2016 als Event geplant. Die letzte Großinstallation vor seinem Tod – bestehend aus schwimmenden Stegen, überzogen mit leuchtend orangenem Stoff – konnten Besucher zwei Wochen lang auf dem See in Norditalien sehen und erleben. 1,2 Millionen Menschen kamen, um einmal im Leben „über das Wasser zu gehen“. Das 13 Millionen Euro teure Projekt finanzierte Christo wie all seine Werke durch den Verkauf seiner Skizzen und Fotos.
In Paris wird es nun im September 2021 ein Tribut an die Kunst und das gesamte Lebenswerk Christos geben. Auch nach seinem Tod soll das geplante Werk – die Verhüllung des Arc de Triomphe – realisiert werden. Die Pläne und Skizzen dafür hatte der perfektionistische Künstler längst fertig, die Stoffbahnen waren bereits in Auftrag gegeben.
„Stoffbahnen […] verdeutlichen die einzigartige
Qualität des Vergänglichen“
Christo
© Fotos: André Grossmann, © 2018/19 Christo
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